Das Hai-Mädchen

 

Wer von euch liest gerne Liebesromane? Also ich eigentlich überhaupt nicht so, zumindest nicht diese mega-kitschigen Rosamunde Pilcher und so. Obwohl ich zugeben muss, dass ich von ihr noch nie ein Buch gelesen hab, sondern eigentlich immer nur die Filme gesehen, aber das hat mir auch schon gereicht. Ich finde das einfach immer so langweilig wenn man nach drei Minuten schon weiß, wie die ganze Geschichte ablaufen wird und dann wird immer alles so übertrieben dramatisiert und eigentlich sind alles nur blöde Missverständnisse. Klar, bei den meisten Geschichten kann man sich am Anfang schon denken, wie das Ende ungefähr aussieht weil die meisten ja dann doch ein Happy-End haben, aber ich finde der Weg dorthin sollte wenigstens spannend bleiben.

Einer, der das durchaus schon kann, und dessen Bücher ich auch sehr gerne lese, ist Nicolas Sparks. Ich mag seine Charaktere sehr gerne und vor allem haben die immer wirkliche Probleme, nicht sowas künstlich aufdramatisiertes. Und „Safe Haven“ war das erste Buch, das ich während dem Lesen panisch weggelegt habe, weil ich nicht wissen wollte wie es weitergeht nachdem Erins gewalttätiger Mann herausgefunden hat wo sic sich versteckt. Es war unglaublich gut geschrieben. Ich bin dann drei-vier Runden durch die Wohnung gelaufen, bevor ich mich weiterlesen getraut habe.

„Das Hai-Mädchen“ ist mein Versuch eine Liebesgeschichte wie Nicolas Sparks zu schreiben. Also nicht so übertrieben künstlich kitschig, sondern mit Charakteren die wirkliche Probleme haben.

Die Geschichte spielt hauptsächlich auf einer kleinen Insel, die ein 500-Einwohner Dorf beherbergt. Meine Hauptfigur Alexandra „Alexa“ Greenfield lebt erst seit kurzem auf der Insel. Sie ist 19 Jahre alt, hat mit 17 die Schule geschmissen und ist zu Hause ausgezogen. Ihre kleine Schwester Samantha lebt noch bei ihrer Mutter, einer mehr oder weniger erfolgreichen Schauspielerin zusammen. Ihr Vater starb bei einer Hai-Attacke als Alexa 14 war. Alexa war immer schon mehr ein Papa-Kind und durch den Tod ihres Vater verschlechterte sich das Mutter-Tochter-Verhältnis noch mehr. Zu diesem Zeitpunkt kamen bei ihr auch die ersten Wutanfälle. Sie begann schon bei den kleinsten Reizungen komplett auszurasten, zerstörte Dinge und ging auf andere Menschen los. Sie weigerte sich mit einer Therapeuten zu sprechen und mit 16 riss sie schließlich von zu Hause aus. Sie hielt sich mit diversen Jobs über Wasser, blieb aber nirgends lange, weil sie wegen ihrer Wutanfälle immer wieder entlassen wurde. Sie fing an, sich Jobs zu suchen, bei denen sie möglichst wenig mit Menschen zu tun hatte und ging auch sonst allen aus dem Weg um nicht wieder in einen Konflikt zu geraten. Das machte sie zu einer ziemlichen Einzelgängerin, aber sie wollte ihr Leben unbedingt wieder in den Griff bekommen. Deshalb fing sie auch mit dem Boxen an um einen Kanal für ihre aufgestauten Aggressionen zu haben.

Doch einmal hatte sie auch Glück in ihrem Leben. Sie gewann im Lotto. Es war jetzt kein Sechser, aber immerhin genug um sich ein kleines Häuschen auf einer Insel zu kaufen, auf der e nur ein Dorf mit zirka 500 Einwohnern gab (ja, genau. Die Insel von der ich gesprochen hab). Das Haus war zwar etwas renovierungsbedürftig, aber sonst war es ideal für Alexa. Sie fand auch einen Job als Putzfrau in einem Bürogebäude auf dem Festland, wo sie in der Nacht arbeiten konnte.

Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Außer Alexa haben wir noch Jimmy (eigentlich James Tanner, ein junger Mann, der auf der Insel lebt und beginnt sich für Alexa zu interessieren), Emma (die Schwester von Jimmy und Besitzerin des einzigen Cafés auf der Insel) und Peter McLean (Alexas Boxtrainer).

Die Geschichte beginnt mit dem Tag, an dem Jimmy Alexa zum ersten Mal am Strand trifft. Oder trifft sie eher ihn? Lest selbst:

Jimmy kickte gerade ein bisschen mit seinem besten Freund Eric am Strand als er sie sah. Sie saß gerade so weit vom Wasser entfernt, dass die Wellen ihre Füße nicht streiften und starrte mit ernstem Blick auf das Meer während sie Chips aus der Tüte futterte, die neben ihr im Sand lag.

„Ist das die Kleine die in Mr. Millers altes Haus gezogen ist?“, fragte Eric als er Jimmys Blick bemerkte.

„Ich denke schon.“, antwortete er. Wer sollte es auch sonst sein. Die Insel auf der sie wohnten war nicht besonders groß und jeder kannte hier jeden. Und da auch so gut wie keine Touristen hierherkamen, konnte es sich bei der jungen Frau nur um die handeln, die vor knapp einem Monat in das alte Haus des verstorbenen Mr. Miller gezogen war. Sie hatte nicht viel Wert darauf gelegt, sich mit ihren Nachbarn bekanntzumachen und war bisher eigentlich allen aus dem Weg gegangen und so sah Jimmy sie erst heute zum ersten Mal. Sie sah wirklich gut aus mit den kurzen, lockigen braunen Haaren soweit er das von der Seite beurteilen konnte. Wild, aber gut.

„Na was meinst du, Jimmy? Wird sie sich auch mal umdrehen oder müssen wir ein bisschen nachhelfen um zu sehen ob sie das, was ihre Rückseite verspricht, auch hält?“

Eric grinste von einem Ohr zum anderen, wie ein kleiner Schuljunge der gerade seinen besten Streich ausheckt und warf Jimmy den Ball zu. Der grinste zurück, nahm den Ball und warf ihn zu der jungen Frau. Eigentlich hatte er sie direkt treffen wollen, aber er war nicht der beste Werfer und so traf er lediglich die Chipstüte, die neben ihr lag. Sand spritzte auf ihr weißes Shirt und die Jeansshorts, aber das Mädchen zeigte keine Reaktion.

Verwundert drehte er sich zu Eric um, doch sein Freund zuckte bloß mit den Schultern und schnitt eine Grimasse. So lief Jimmy zu ihr hinüber, setzte sein freundlichstes Lächeln auf und sagte mit bedauerndem Tonfall: „Hey, tut mir echt leid, dass ich dich erwischt hab!“ er legte ihr eine Hand auf die Schulter um sie auf sich aufmerksam zu machen, „Mein Freund Eric und ich haben da drüben ein bisschen gekickt und der Ball muss sich wohl ein bisschen verirr…“

Weiter kam er nicht, denn plötzlich spürte er einen Schlag und schneller als er denken konnte lag er auf dem Sand und das Mädchen stand über ihm und starrte ihn aus den wütendsten braunen Augen an, die er jemals gesehen hatte.

„Fass mich nicht an!“, fauchte sie und wäre er nicht bereits am Boden gelegen hätte der Zorn in ihrer Stimme Jimmy umgehauen. Er merkte wie die Hände die sie zu Fäusten geballt hatte zitterten, trotzdem sah sie irgendwie süß aus, so wütend und so schön.

Mit einem Satz drehte das Mädchen sich um und lief ins Meer. Verblüfft setzte sich Jimmy halb im Sand auf und sah ihr hinterher. Was? War? Das?

„Hey, Jimmy! Alles klar bei dir?“ Eric kam von hinten zu ihm gelaufen und rüttelte ihn an der Schulter, „Mann! Du siehst ja aus als hättest du ein Gespenst gesehen. Die Kleine hat dich ganz schön erwischt, was?“ Eric lachte und plötzlich begann er zu fluchen. „Verdammte Scheiße! Ist das n‘ Hai da draußen?! Hey, die Kleine läuft genau auf das Mistvieh zu!“

Jimmy kniff die Augen zusammen und starrte aufs Meer hinaus. Das sah tatsächlich aus wie ein Hai! Ohne darüber nachzudenken sprang Jimmy auf und lief dem Mädchen nach. Wasser spritze und im Nu war er klatschnass und er brüllte wie ein Verrückter: „Hey! Mädchen! Bleib stehen, verdammt! Da is ein Hai! Bleib stehen und lauf zurück!“ Doch die Kleine schien ihn nicht zu hören und lief weiter, geradewegs auf das Tier zu. Erst als am Ufer die Sirene losging, die Hai-Alarm bedeutete und die anderen Badegäste kreischend an Land liefen, schien sie zu bemerken was los war und erstarrte mitten im Lauf zur Salzsäule.

„Komm schon Mädchen! Lauf zurück!“, rief Jimmy noch einmal und jetzt bemerkte sie auch ihn, drehte sich um und starrte ihn wieder voller Zorn in den Augen an.

„Du schon wieder!“, fauchte sie und dann lief sie auf ihn und das Ufer zu. Auch Jimmy drehte sich um und rannte zum Strand. Auf einmal hörte er ein Platschen hinter sich und als er sich umdrehte, war das Mädchen verschwunden. Dann tauchte ihr Kopf wieder aus dem Wasser auf, doch sie lief nicht weiter. Inzwischen war der Hai nur mehr gute fünfzehn Meter weit weg.

„Was ist los?“, rief Jimmy dem Mädchen zu.

„Bin hängen geblieben! Lauf weiter! Das können wir nicht mehr schaffen! Lauf schon du dreimalverfluchter Vollidiot, es reicht wenn er mich frisst! Lauf!“

Wiederwillig lief er weiter. Sie hatte Recht. Zu zweit hätten sie es nie vor dem Hai ans Ufer geschafft. Allein hatte zumindest er eine Chance. Dafür sie nicht mehr. Jimmy blieb stehen. Er konnte doch hier nicht wie ein vollendeter Feigling weglaufen, während dieses Mädchen sich dem Hai zum Fraß vorwarf. Noch während er das dachte hörte er einen Schrei hinter sich. Allerdings hörte es sich eher wütend an als schmerzerfüllt. Jimmy drehte sich um.

Irgendwie hatte das Mädchen es geschafft wieder auf die Beine zu kommen und jetzt schlug sie mit Fäusten, Ellbogen und so wie es aussah auch mit Füßen und Knien auf den Hai ein. Dabei stieß sie Schreie aus, die vermutlich sogar einen ausgewachsenen Drachen in die Flucht geschlagen hätten. Es dauerte nicht lange bis der Hai abdrehte und wieder in Richtung offenes Meer schwamm. Das Mädchen starrte ihm hinterher und rief noch etwas, das er nicht verstand. Dann drehte sie sich um und ging wieder auf das Ufer zu.

Als sie Jimmy bemerkte, sah sie ihn wieder mit vor Wut funkelnden Augen an und er wusste wie sich der Hai gerade gefühlt haben musste.

„Ich hab doch gesagt du sollst laufen!“, fuhr sie ihn an und versetze ihm einen Schlag gegen die Brust, sodass er rückwärts ins Wasser fiel. Als er sich wieder aufrappelte, war sie schon wieder weitergestapft, hatte sich ihre Chipstüte am Ufer geschnappt und ging durch eine Menschenmenge die sie verblüfft anstarrte, ihr aber widerstandslos den Weg freimachte, auf die Straße zu.

Und auch Jimmy starrte ihr, genauso wie die halbe Insel, verdutzt hinterher und dachte sich: Was zum Teufel war das?

 


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